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Jeder von Missbrauch Betroffene ist froh, wenn es jemanden gibt, der ihm glaubt ohne das Gesagte
anzuzweifeln. So kannst Du schon allein dadurch helfen, wenn Du einfach nur zuhörst und auch glaubst,
was Dir erzählt wird. Bemerkungen, wie zum Beispiel:
"das kann es doch nicht geben",
"warum hast Du denn nie etwas erzählt",
"warum bleibst Du denn dann noch bei ihm/ ihr/ in Deiner Familie",
"vergiss das doch einfach wieder",
"so schlimm war es doch nicht",
"das hast Du doch alles erfunden",
"anderen Menschen geht es schlechter"
oder ähnliches, sind wirklich unangebracht. Sie können den Mut, den der Betroffene aufgebracht hat um
Dir seine Geschichte zu erzählen, vollkommenen niederschmettern. Opfer "schreien" meist lautlos um
Hilfe, oft vergebens. So kann es zum Beispiel ein Hilfeschrei sein (auch unbewusst), wenn jemand im
totalen Chaos lebt, Drogen nimmt (legale oder illegale), ständig krank ist, einen Unfall nach dem
anderen hat, sehr schweigsam und zurückhaltend ist, niemandem vertraut, ständig unangepasst reagiert und
noch vieles mehr.
Das Groteske ist, dass auch genau das Gegenteil der Fall sein kann, also der Betroffene
lebt in einem Ordnungswahn, Gesundheits-, und Sicherheitswahn (riskiert nichts, überlässt nichts dem
Zufall), bringt sich immer in den Mittelpunkt, vertraut fast jedem, passt sich zu jeder Zeit der
Situation an und noch vieles mehr.
Solange das Opfer sich immer wieder in die Opferrolle hineinbegibt, kannst Du Deine Hilfe zu jeder
Zeit anbieten. Du kannst Dich in Beratungsstellen und durch lesen kundig machen, was in dem Opfer
vorgeht und wie es sich fühlt und warum es nicht aus der Opferrolle flieht.
Der erste Schritt vom Opfer zum Überlebenden ist, das Schweigen zu brechen und genau das geschieht ja,
wenn Dir ein Opfer seinen Missbrauch schildert. Lass den Betroffenen in Ruhe erzählen, wenn Tränen
fließen kannst Du trösten (mit Worten, oder falls möglich durch körperliche Nähe, Hand halten),
Taschentücher reichen, eine warme Decke holen, etwas warmes zu trinken anbieten. Für mich war es sehr
wichtig nicht bemitleidet zu werden, sondern Mut zugesprochen zu bekommen. Es ist gut alles
heraus zu lassen. Eben endlich das Schweigen zu brechen.
Wenn Wut aufkommt, ermuntere den Betroffenen dazu, sie heraus zu lassen ohne Verletzungsrisiko.
Du kannst dem Betroffen anbieten in ein Auto zu gehen und dort laut zu brüllen, mit einem Tennisschläger
oder ähnlichem auf das Bett oder Kissen zu schlagen, mit den Fäusten auf ein Sofa einzuschlagen, ein
Stück zu rennen, Holz klein zu hauen, ein Loch im Garten graben, einen Hassbrief an den Täter zu
schreiben. Auf jeden Fall ist es sehr wichtig, dass der Betroffene seine Wut nicht unterdrückt oder
gegen sich selber richtet.
Wenn Du mit einem Betroffenem zusammen lebst, so kann dass oft sehr belastend für Dich sein. Du
solltest immer daran denken, dass Überlebende oft Probleme mit dem Sortieren ihrer Gefühle haben.
So sind heftige Gefühlsausbrüche in unerwarteten Situationen nicht selten. Wenn sie dich treffen, ist
es gut wenn Du sie nicht persönlich nimmst, sondern mit den lange verdrängten Ereignissen der
Vergangenheit erklärst. Das Opfer hat nie lernen dürfen mit seinen Gefühlen umzugehen.
Überlebenden fällt es meist sehr schwer um Hilfe zu fragen oder Hilfsangebote anzunehmen. Du kannst
dem Betroffenem auch vorschlagen zu einer Beratungsstelle zu gehen. Jedoch solltest Du nie darauf
drängen.
Wenn es Dich zu sehr belastet, solltest Du dich nicht scheuen auch die Hilfe einer Beratungsstelle
in Anspruch zu nehmen. Auch Verbündete brauchen Hilfe um zu verarbeiten. Auch der Austausch mit
anderen Verbündeten kann helfen. Ich empfehle auch das Buch "Verbündete" von Laura Davis, es kann eine
gute Hilfe sein um den Betroffenen besser zu verstehen und angemessen zu reagieren.
Teil2 ist auch schon fertig, hab ihn direkt hier drunter gesetzt.
Alles Liebe
jK
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